Egal ob du immer schon von Madagaskar geschwärmt hast oder dir bis jetzt noch gar keine so rechte Vorstellung davon gemacht hast, eines wollen wir in diesem Land doch alle sehen. Und das nicht erst seit wir mit King Julien im Disney Film „Madagaskar“ gemeinsam „I like to move it“ gesungen haben. Die Rede ist natürlich von den Lemuren.
In Madagaskar gibt es viele Parks in denen du sie besuchen kannst. Am einfachsten ist es wohl, wenn du in den Andasibe-Mantadia Nationalpark fährst, der etwa vier Autostunden von der Hauptstadt entfernt liegt. Den Tsimbazaza Zoo in Antananarivo zähle ich hier bewusst nicht mit. Denn mit extra für ausländische Besucher organisierten Lemurenfütterung inklusive Kuscheln bleibt es ein Ort, an dem die Tiere nicht artgerecht in teils desolaten Gehegen gehalten werden.
Andasibe ist für mich im Gegensatz dazu ein Paradebeispiel für gelungenen Tourismus in Madagaskar. Alles funktioniert, ist gut organisiert und die Bevölkerung profitiert an Ort und Stelle davon. Lokale Guides führen Touristen herum, viele Einheimische arbeiten in Hotels und Bauern verkaufen die Ernte an die Unterkünfte. Außerdem sind die Menschen sehr umweltbewusst und wollen die Biodiversität aktiv schützen.
Von Antananarivo nach Andasibe kommen
Aufgrund der leichten Erreichbarkeit haben viele Touristen und Touranbieter Andasibe auf dem Reiseplan stehen. Die Straße dorthin wird im Vergleich zu vielen anderen wirklich gut instand gehalten. Selbst wenn du ohne Reiseleiter unterwegs bist, ist es möglich, Andasibe zu besuchen, denn sogar ein Taxi aus Antanarivo kann dich hinbringen. Für Abenteuerlustigere ist das Taxi Brousse nach Tamatave, ein chronisch übervoller Kleinbus, eine weitere sehr günstige aber eben auch sehr abenteuerliche Option und nur zu empfehlen, wenn du zumindest sehr gute Französischkenntnisse mitbringst. Solltest du zur Hochsaison in unseren Sommermonaten unterwegs sein, ist auch die Reservierung einer Unterkunft eine gute Idee. Trotz steigender Touristenzahlen ist der Ort noch kein Hotelbunker geworden und zum Glück noch recht ursprünglich geblieben.
Ich selbst habe mich für ein Taxi entschieden, jedoch darauf geachtet, den Fahrer über eine vertrauenswürdige Person vermittelt zu bekommen. Immerhin bin ich ansonsten ganz auf mich allein gestellt, da Flo bereits zurück in die Heimat reisen musste. Und als alleinreisende Frau ist man da doch etwas vorsichtiger. So landete ich auf Empfehlung unseres ersten Tourguides für den Tsingy de Bemaraha Nationalpark auf der Rückbank von Edmonds zartgelbem Oltimertaxi.
450 000 Ariary, umgerechnet also etwa 130 Euro will er für drei Tage haben, Sprit und Chauffeurdienste zu jeder Uhrzeit inbegriffen. Madagassen würden auf so einen Preis zwar nicht einsteigen, aber da ich den Trip spontan mache, habe ich wenig Handlungsspielraum. Hotel und Guide können mir zum Glück von einem lokalen Reiseveranstalter von Fairaway organisiert und zur Verfügung gestellt werden. Fairaway Travel ist ein am Gemeinwohl orientiertes Unternehmen, das sich auf nachhaltiges Reisen spezialisiert hat. Der Kontakt kam erst am Tag vor unserer Abreise nach Madagaskar zustande.
Im Taxi suche ich übrigens vergeblich nach Sicherheitsgurten. Die werden, wenn überhaupt, nur vom Fahrer benutzt. Edmond ist 50, hat drei Kinder circa in meinem Alter, einen Dauergrinser und besitzt außer Französisch leider keine Fremdsprachenkenntnisse. Mein Französisch existiert nicht wirklich, also bleibt nur noch Madagassisch. Das erste Mal auf meiner Reise wäre ich ohne Sprachkenntnisse wirklich aufgeschmissen und bin wieder mal sehr froh, dass ich mir das Lernen angetan habe.
Unabhängig vom Fahrzeug beginnt das Abenteuer schon auf der Fahrt nach Andasibe, denn es gibt unglaublich viel zu sehen. An jedem Fluss waschen madagassische Frauen ihre Kleidung, um sie danach bunt gesprenkelt am Ufer zum Trocknen aufzulegen.
Die Art der Häuser ändert sich, von der Luxusvilla über das Ziegelhaus bis zur einfachen Lehmhütte sieht man auf dem Weg alles. Am Straßenrand kann Früchte kaufen oder in einem „hotely“ (traditionelles Minirestaurant) essen gehen.
Sogar die Vegetation ändert sich in der kurzen Zeit komplett und wird saftiger, grüner. Die Berge werden höher usw. Ich kann meinen Fotoapparat kaum aus der Hand legen. Zum Glück hat Edmond dafür Verständnis und hält einige Mal extra an oder fährt zumindest langsamer, sobald er das geringste Kamerageräusch hört.
Unterkünfte in Andasibe
Viele Hotels in Andasibe setzen auf Bungalows, von der einfachen Variante wie etwa in der Rico Lodge bis zu Luxus inklusive Hammam Spa im Hotel Vakona mitten im Wald. Für mich geht es in das schöne Feon’ny ala, das wie die meisten anderen im Grünen liegt. Allerdings in Gehweite zum Ort, für Ausdauernde sogar bis zum Parkeingang und mit Souvenirshops direkt daneben.
Für europäische Verhältnisse sind die Preise in den Souvenirshops übrigens immer noch günstig. Wer aber das Preisniveau mit ähnlichen Gegenständen auf dem Straßenmarkt vergleicht, ist ernüchtert, wenn diese normal nur ein Drittel davon kosten.
Ähnliches gilt für das Essen im Hotel. Da ich selbst nach einer Woche Madagaskar noch immer nicht an so viele Nullen im Preis gewöhnt bin, habe ich trotz Umrechnen Hemmungen mir die „teuren“ Speisen zu leisten.
Komfort kannst du dir in auch in madagassischen Unterkünften erwarten, unter anderem im Hotelrestaurant in Form von Speisekarten mit großer Auswahl, Warmwasser, sauberen Zimmern und bequemen Betten. Wasser kann zwar durch lange Leitungen seine Zeit brauchen, um wirklich warm zu werden, aber es funktioniert.
Nachttour mit Madagaskars Mausmakis und Chamäleons
Wenn du schon einmal in Andasibe bist, solltest du dir nicht nur die tagaktiven Lemuren im Park besuchen, sondern am besten auch die Zeit für eine geführte Nachttour nutzen. Viele Lemuren schlafen tagsüber gut versteckt in den Bäumen und sind so kaum zu sehen. Auch Chamäleons sind nachts deutlich leichter zu entdecken. Mein Guide Florant erklärt: Wir finden die Lemuren mit den Taschenlampen, denn wenn der Strahl auf deren Augen trifft, gibt es eine deutliche Reflektion. Leider verstecken sie sich gerne weit entfernt von der Kamera im dichten Astwerk.
Auf ähnliche Art kann man Chamäleons finden – deren Körper leuchtet durch den Schein der Taschenlampe ebenfalls zwischen dem Blattwerk hell auf. So entdeckt Florant sogar Chamäleons von etwa zwei Zentimetern Größe, Stabheuschrecken, Frösche die wie Grillen klingen und mein absolutes Highlight: einen Mausmaki, eingekuschelt in sein Blattnest.
Da Florant von klein auf im Tourismus gearbeitet hat, ist er, genau wie seine Kollegen, echter Profi. In gutem Englisch und viel Geduld beantwortet er mir meine vielen Fragen zu den Tieren, Natur, Land und Leute. Unglaublich spannende Tiersichtungsgarantie hast du hier auf jeden Fall! Die Guides untereinander rufen sich auch per Handy zusammen, sobald einer eine spezielle Tierart entdeckt hat.
Solltest du deinen Trip auf eigene Faust gebucht haben, würde ich bei der Unterkunft nach Tours und Guides fragen, denn die Leute sind sehr unkompliziert und gut untereinander vernetzt. Mit Reiseanbieter hast du trotzdem bessere Karten auf einen gut ausgebildeten Guide mit Fremdsprachenkenntnissen.
Tagestour im Andasibe-Mantadia Park
„Je früher deine Tour beginnt, desto eher wirst du viele Lemuren sehen“, meint Florant nach der Nachttour am Vortag und wir vereinbaren, uns um 8:00 zu treffen. Unglücklicherweise gab es ein Missverständnis, da ich am falschen Treffpunkt wartete und so dauerte es etwa bis halb zehn, bis ich endlich mein Ticket für drei Stunden Parkbesuchszeit hatte. Aber selbst wenn die Warteschlange vor dem Parkeingang sehr kurz ist, musst du viel Zeit einplanen, denn die Kassierer müssen bei jedem Gast einen A4 Zettel per Hand ausfüllen und stempeln. Erst dann bekommst du dein Ticket.
Wir starten auf einem schmalen Pfad, der uns schließlich auf einen noch viel schmäleren Waldweg bringt. Es gibt mehrere Routen, die du gehen kannst, teilweise sogar über vier Kilometer lang. Auch hier war ich sehr froh, dass Florant dabei war und mir die Tiere und Pflanzen zeigte, die ich vor lauter Konzentration auf den schmalen Pfaden nicht zu Stolpern wohl nicht gesehen hätte.
In Wahrheit folgen wir auch nicht der angegebenen Route, sondern vielmehr den Lemuren und so müssen wir uns teilweise an Büschen vorbeizwängen und über Baumstämme steigen. Im Park gibt es mehrere Lemurengruppen unterschiedlicher Arten wie Sifaka oder Indri (Babakoto), die an Menschen gewohnt sind und sich auch nicht stören lassen, wenn unter ihnen eine große Touristengruppe steht.
Ich verliebe mich sofort in alle Lemuren, aber wie auch Florant haben es mir vor allem die dreifarbigen Sifakas angetan. Die Eleganz, mit der sie fast lautlos von Baum zu Baum springen, ist einfach faszinierend. Ich könnte sie stundenlang beobachten und auch Florant scheint in seinem Element zu sein.
Wie viele andere Guides versucht er die „Liebesrufe“ der Lemuren zu imitieren, um sie anzulocken. Leider scheinen die Touristen davon wesentlich beeindruckter als die Lemuren selbst zu sein!
Die ganze Tour besteht für mich aus weiteren Highlights, unter anderem einem sehr lauten Lemurengespräch – oder viel eher Geschrei? – einem Lemurenbaby mit Mama und eine Gruppe der Tiere, die haarscharf an uns vorbeifegen. Wie laut ein Lemur tatsächlich sein kann, können wir aus nächster Nähe hören als ein Indri etwa drei Meter über unseren Köpfen beginnt in ohrenbetäubender Lautstärke wie eine Sirene loszuheulen.
Lemuren zum Anfassen und Füttern
Die Lemuren im Park mögen zwar an Touristen gewohnt sein, aber richtig auf Tuchfühlung gehen kannst du mit ihnen nicht. Wenn du allerdings ein Auto zur Verfügung hast, dann kannst du dich auf den Weg ins Hotel Vakona machen. Die etwa sieben Kilometer Straße vom Feon’ny ala bis dorthin sind zwar nicht die besten, aber sogar mit dem alten Taxi ohne Allrad war es möglich hinzufahren. Selbst wenn dein Fahrer nicht ortskundig ist, ist das Hotel durch die zahlreichen Schilder gut zu finden. An der Rezeption kannst du dir für 20 000 Ariary ein Ticket für jeweils eine Tour zu Krokodilen und Lemuren kaufen. Einzeltickets gibt es leider nicht.
Die Krokofarm ist im Großen und Ganzen auch nicht wahnsinnig spannend. Außer Krokodile kannst du dort noch große Chamäleons und ein Fossa sehen, die jedoch in Käfigen leben.
Die zahmen Lemuren hingegen leben auf einer Insel und können diese durch das Wasser ringsum auch nicht verlassen. Mit dem Kanu und einem Guide überquerst du die etwa vier Meter Fluss. Im Gepäck haben die Guides Früchte, die du an die Lemuren verfüttern kannst, die auch so schnell mal auf deine Schultern springen. Tipp von Florant hier ist: „ Schaue, dass du nicht zu spät kommst, idealerweise schon vor drei Uhr am Nachmittag. Sonst kann es sein, dass die Lemuren schon satt sind und auf den Bäumen bleiben.“
Du musst dir natürlich bewusst sein, dass das ganze eine kommerzielle Sache ist. Aber die Lemuren scheinen genug Platz zu haben und wirken entspannt.
Spaziergang zur Rico Lodge
Grundsätzlich kannst du auch in den Ort oder einfach die Straße entlang spazieren. Auch wenn die Gegend sehr sicher wirkt, würde ich das trotzdem nur tagsüber tun. Einen guten Tipp bekomme ich am Tag vor meiner Abreise aber noch von einem französischen Pärchen, das mich als Alleinreisende ein bisschen adoptiert hat. Fast direkt gegenüber vom Hotel Feon’ny ala folgst du dem Schild zur Rico Lodge.
Eine Straße führt dich durch den Wald auf eine kleine Anhöhe mit schöner Aussicht. Hier gibt es ebenfalls Bungalows, aber in sehr einfacher Ausführung und sehr freundliche und gesprächige Bewohner. Hin und retour mit entspanntem Fotostopp brauchst du normalerweise nicht einmal eine Stunde.
Danach heißt es wieder aufbrechen, zurück nach Antananarivo. Auf zum nächsten „Abenteuer“, einem madagassischen Familienurlaub bei Oma ganz im Norden der Insel, von dem ich dir natürlich auch noch erzählen werde.
Hach, Madagaskar ich vermisse dich bei jeder Zeile, die ich schreibe! Unglaublich, dass meine Reise nach Andasibe nicht einmal drei Tage gedauert hat und trotzdem so voll mit den unterschiedlichsten und wunderbarsten Eindrücken war.
Über Fairaway Travel
Fairaway Travel hat sich auf Individualreisen vor allem an weniger touristischen Orten abseits großer Hotelbunker spezialisiert und stellt in Kooperation mit lokalen Reiseprofis auch sicher, dass das Geld bei der Bevölkerung ankommt. Außerdem ist ihnen der verantwortungsvolle Umgang mit der Natur und Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung sehr wichtig. Alles in allem lauter Punkte, die für mich als Reisende auch essenziell sind. Gerade dieser verantwortungsvolle Tourismus ist in einem infrastrukturell noch nicht stark entwickelten Land wie Madagaskar unglaublich wertvoll.
Vielen Dank an Fairaway Travel, die mir sowohl Guide als auch Unterkunft organisiert und gestellt haben. Meine Meinung bleibt wie immer meine eigene! Alles hat super funktioniert und ich konnte in dieser kurzen Zeit unglaublich viel über Madagaskar lernen. Gerade jetzt wo ich schreibe, bin ich schon wieder versucht, mich auf Flugsuche zu begeben 😉
Hast du noch weitere Fragen zu Madagaskar oder warst du selbst schon mal dort? Ich freue mich über deine Fragen und Erlebnisse in den Kommentaren!
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