Es ist offiziell: auch uns hat die E-Bike Welle mit vollem Schwung erfasst und mitgerissen. Kein Grund sich alt oder unsportlich zu fühlen, ganz im Gegenteil: Für 1300 Höhenmeter am Stück darf man sich durchaus etwas Unterstützung gönnen, finden wir. Deshalb freuen wir uns schon sehr auf den heutigen Tag, an dem es mit den E-Mountainbikes von Schruns im Vorarlberger Montafon über Tschagguns und Bitschweil bis zur Tilisunahütte auf 2.211 Meter Seehöhe gehen soll. Das heißt geschätzte zwei Stunden mit dem Rad bis zur Tilisunaalpe und danach nochmal etwa 50 Minuten zu Fuß zur Tilisunahütte. Warum nicht alles mit dem Bike? Nun, da machen uns ein paar freche Bergbewohner und ein letzter steiler Anstieg einen Strich durch die Rechnung. Aber dazu später.

Bike & Hike Tour Start in Schruns

Bike & Hike Tour nennt sich das ganze und kann von jeder Mann und Frau über den Tourismusverband gebucht werden. Von unserer Unterkunft, dem Explorer Hotel in Gaschurn, ist es nur eine 10-minütige Autofahrt nach Schruns zum Intersport, wo wir uns um kurz vor 10 Uhr als große Reisebloggergruppe je ein Rad ausleihen. Alle sind knallig blau, so sind wir eine fesche Truppe. Prinzipiell stehen mehrere Räder zur Auswahl, die sich unter anderem durch die Federung unterscheiden. Wer eigene Räder mitnimmt, kann natürlich auch direkt von seiner Unterkunft aus starten. Treffpunkt ist in diesem Fall beim Aktivpark Montafon in Tschagguns. Unser Guide Markus bereitet uns gleich technisch und psychologisch auf das Abenteuer vor. Bis jeder weiß, wie das Radl funktioniert und gut mit Sonnencreme eingeschmiert ist. Sportler ist er durch und durch, das ist gleich zu erkennen. Vermutlich wird sein Akku beim Fahren sogar noch voller.

Wir haben unglaubliches Glück mit dem Wetter. Auch wenn Anfang September die Nächte schon kühler werden, ist heute ein strahlend warmer Sonnentag mit unbewölktem Himmel. In weiser Voraussicht haben wir uns zwar warme Kleidung eingepackt, aber bis zum Ziel sollte es uns nicht kalt werden. Der Start führt uns zuerst den Fluss entlang durch den Ort und dann auf eine steile Asphaltstraße den Berg hinauf. Eco, Tour, eMtb und Turbo sind die unterschiedlichen Modi mit denen wir entscheiden können, ob auch bergauf die Post abgeht, oder wir uns doch noch anstrengen müssen. Mit einem niedrigen Gang können wir auch bergauf noch eine Weile mit dem untersten Eco Modus durchhalten, aber bald sind wir schon ganz dankbar für den Tour-Modus.

Schruns-Tschagguns im Montafon

„Der Akku hält bestimmt bis oben“, versichert uns Markus. „Was wenn doch nicht?“, fragt sich eine besorgte innere Stimme. Völlig unbegründet, wie sich herausstellen soll, aber schließlich will man ja auch nicht kurz vorm Ziel stranden. „Keine Sorge, wenn die Reichweite, die euch am Bildschirm angezeigt wird, bergauf schnell nach unten geht – die Anzeige bezieht sich jeweils auf die aktuelle Situation. Wenn ihr also ein steiles Stück mit dem Turbo fährt, geht die Anzeige nach unten, weil der Computer berechnet, wie weit ihr in dieser Intensität noch fahren könnt.“

Bike & Hike Tour zur Tilisunaalpe im Montafon mit der Reiseblogger-Truppe

Immer wieder halten wir an, warten kurz bis alle abgestellt haben und machen jede Menge Fotos. Das ist schon ein großer Vorteil: der E-Motor gleicht die Fitnessunterschiede in einer Gruppe ganz gut aus. Markus ausgenommen. Er erzählt uns von den Mountainbike-Marathons, die er auch mit 50 noch fährt und wie er die jungen Nachwuchssportler trainiert.

Mit dem E-Mountainbike durchs Montafon

Als wir in einer Kehre eine Herde Schafe mit Lämmern bestaunen, meint er: „Hier lass ich die jungen Fahrer, natürlich ohne Motor, zehn Mal auf und ab fahren.“ Dabei deutet er auf eine Schotterstraße, die ein paar hundert Meter mit 20% Steigung hinaufführt. Daneben ein Warnschild: nur mit allradbetriebenen Fahrzeugen zu befahren.

„Ich weiß auch nicht, danach hassen sie mich immer, aber bei den Wettbewerben sind die Sportler dann doch ganz froh, am Ende noch Puste zu haben!“ Bei uns ist er zum Glück gnädig. In jeder Pause lernen wir etwas dazu, sei es über den Ort, über die Geschichte des Montafons oder über das Mountainbiken. Es dauert auch nicht lange, bis er von unserer zwölfköpfigen Gruppe alle Namen auswendig kann.

„Ein Tipp zum Losfahren bergauf: Stellt das Radl schräg zum Berg und schaltet eine niedrige Stufe ein. Das bergseitige Bein ist das Standbein. Nun kommt der Tritt vom unteren Bein auf 10 Uhr und ihr fährt los.“ Dieser Tipp ist gerade auf den steilen Passagen sehr nützlich.

E-Mountainbiken und wandern im Montafon

Nach einiger Zeit geht Elena aus unserer Gruppe das Wasser aus. „Ich fülle es dir schon auf“, sagt Markus. Wir fahren ein kurzes Stück bis zu dem vereinbarten Treffpunkt weiter, während Markus, der anscheinend sogar froh über noch ein bisschen Extrabewegung wieder bergab radelt und von irgendwoher Wasser zaubert, seiner Art nach wahrscheinlich aus einer Schweizer Bergquelle.

Jedenfalls ist er etwa 15 Minuten später am Treffpunkt wieder da und erzählt uns von der Sennerei, die eine lange Tradition auf den Montafoner Almen (die hier „Alpen“ heißen) hat und macht uns damit Appetit auf Sura Kas. Aber nein, das wird noch eine ganze Weile dauern, bis wir den probieren können.

Mit Guide Markus zur Tilisunaalpe im Montafon

Gefühlt haben wir zwar schon viel geschafft, aber die wahre Distanz auf dem Berg einzuschätzen ist alles andere als leicht. Außerdem ist es deutlich anstrengender, auf dem Schotterweg, als auf Asphalt zu fahren. Aber sattsehen kann man sich hier nicht. Das üppige, moosige Grün an den Hängen, Wasserfälle und die klaren Bäche erinnern uns schon fast an die Szenen im Auenland aus Herr der Ringe. Unverschämt kitschig liegt darüber ein blitzblauer Himmel und weißer Kalkfels in der Ferne lässt erahnen, dass wir uns langsam aber sicher dem Ziel nähern. Nähern, wohlgemerkt!

Bike & Hike im Montafon

Aber diese Landschaft würde jede Anstrengung verzeihen. Es ist auch tatsächlich immer noch angenehm nach einer Stunde konstant bergauf zu fahren. Durch die breiten Reifen sind die Unebenheiten auf dem Boden auch problemlos zu meistern. Und wenn wir wirklich dazwischen kurz das Gefühl bekommen, dass es „jetzt doch schon lange wird“, pusht ein kurzer Sprint mit dem Turbo ganz gut auf. Wir beide sind nicht ganz unsportlich und kommen sonst mit dem Tour-Modus und bei steileren Stücken dem eMtb Modus ganz gut durch.

E-Mountainbiken auf der Tilisunaalpe
Kurze Verschnaufpause und warten auf die anderen
Fischkalter unterhalb vom Tilisuna-Schwarzhorn
Fischkalter unterhalb vom Tilisuna-Schwarzhorn

Als wir schließlich auf der Tilisunaalpe unsere Räder nach etwa zwei Stunden Fahrt abstellen, haben alle noch ordentlich Akku übrig, so zwischen 30 und 60%, also definitiv im grünen Bereich. Markus wahrscheinlich 110. Und ehrlich gesagt, nachdem es nur bergauf ging, wäre es auch kein Problem, bis hierher den Akku komplett leer zu fahren.

Wir füllen unser Wasser im Fluss, bzw. am Hahn auf und schließen die Räder ab. „Wie ihr seht, könnten wir schon noch weiter fahren“, sagt Markus, während er auf eine Schotterstraße deutet, die ziemlich gleich wie die bisherige aussieht. „Allerdings gibt es oben Murmeltiere und die lieben das Salz vom Sattel und den Griffen. Da wundern sich die Gäste, die das Rad oben abstellen dann häufig, was mit den Rädern passiert ist“.

Fahrbarer Untersatz oder Buffet, da unsere Ansichten und die der Murmeltiere im Bezug auf E-Bikes so weit auseinandergehen, bleibt uns nichts anderes übrig, als den Rest zu Fuß zu gehen. Ganz schön anstrengend, so plötzlich ganz ohne elektrische Unterstützung! Als wir schließlich das Ende der Schotterstrasse erreichen, sehen wir die kleinen Übeltäter auch ganz aus der Nähe. Wahrscheinlich kommen wir ihnen gerade sehr ungelegen, denn ein sehr köstlich aussehendes Rad lehnt schon an der Felswand und wird schon vorsichtig begutachtet.

Nun geht es ein steiles Stück weiter Richtung Zollhaus und Tilisunahütte. Das alte Zollhaus aus Stein ist nicht mehr in Betrieb, aber früher dürfte hier laut Markus‘ Erzählungen viel los gewesen sein. „Es gab einen Austausch zwischen Schmugglern und Zöllnern, die ja auch nicht unbedingt viel verdient haben. In sogenannten Kaffeelöchern – kleinen Höhlen – legte der Schmuggler Ware ab, gab dem Zöllner ein Zeichen, der diese dann ganz „zufällig“ – und damit legal – entdeckte und im Gegenzug etwas Anderes in der Höhle vergaß.“

Wanderung zur Tilisunahütte - vorbei am alten Zollhaus

Da eine aus unserer Gruppe schon sehr müde ist, rennt Markus gleich kurz zur Tilisunahütte voraus und kommt mit einer Cola zur Stärkung wieder. Wir nähern uns da deutlich langsamer. Jaja, im Gehen kann man leider keinen Turbo zuschalten! Aber die Wetterfee meint es sehr gut mit uns.

Tilisunahütte im Vorarlberger Montafon
Die Tilisunahütte ist bereits in Sichtweite

In den kristallklaren Bergseen spiegelt sich bei Windstille die Landschaft und der Himmel, sodass selbst der beste Filter nichts noch schöner machen könnte. Eine Weile sitzen wir einfach kurz vor der Hütte und blicken auf den gleichnamigen Tilisunasee, die umliegenden Berge und Täler. Bis doch der Hunger ruft.

Tilisunasee im Montafon
Der Tilisunasee, ein beliebtes Fotomotiv
Tilisunasee
Die Anstregung steht Flo in die Frisur geschrieben

Auf der Tilisunahütte angekommen, duftet es gleich verführerisch nach Sauerkraut und Speckknödel. Aber was wir auf jeden Fall probieren müssen, ist der regionale Sura Kas. Markus kommt gleich mit einer Verkostungsplatte. Gespannt probieren wir.

Sura Kas auf der Tilisunahütte im Montafon

Der ersten Beschreibung nach hätten wir eher auf Feta getippt. Weit daneben – die kleinen würfelig geschnittenen Stücke erinnern eher an Hüttenkäse in festerer Konsistenz. Wer also keinen würzigen und intensiven Käse mag, kann also getrost zugreifen. Auch die Gerichte auf der Karte sind sehr zu empfehlen. Die Portionsgröße ist definitiv auf sehr hungrige Gäste angepasst. Gut, wer nach dieser Tour keinen Bärenhunger hat, dem ist wohl nicht mehr zu helfen.

Die Zeit vergeht wie im Flug und langsam müssen wir wieder aufbrechen. Um 18 Uhr sperrt der Radverleih zu und bis dahin sollten wir die etwa 15 km mit dem Rad ins Tal wieder zurückgelegt haben. Auf der Tilisunaalpe meint Markus: Stellt eure Sattel tiefer und die löst die Fixierung der Stoßdämpfer an der Gabel. Beim Bergabfahren ist es wichtig, dass ihr zuerst mit der Hinterbremse bremst und erst danach sanft die Vorderbremse dazu anlegt. Das Körpergewicht soll eher weiter unten und hinten auf dem Rad sein. Solltet ihr nicht mehr rechtzeitig bremsen können, lasst das Rad los und springt nach hinten ab!“ Auch wenn die letzte Aussage nicht sehr beruhigend klingt, bisher sind immer noch alle heil ins Tal gekommen. Nun denn!

Mountainbiken im Rätikon

Wir teilen uns in zwei Gruppen, die auch immer wieder an vereinbarten Stops aufeinander warten. Flo führt die erste Gruppe voller Begeisterung an, während Markus bei der zweiten Gruppe bleibt. Puh, garnicht so ohne, diese Schotterpiste! Die Hände tun schon etwas weh, als wir runter rumpeln. Das Motorradfahren hat sich bei Flo wirklich ausgezahlt, die Kurven fährt er problemlos runter, mit leichtem Drift am Hinterrad. Ich zittere da ein bisschen mehr, während sie den inneren Kampf zwischen Vernunft („nicht in den Kurven bremsen!“) und Gefühl („BREMS!“) ausficht.

Downhill Mountainbiken im Montafon
Lieber langsam und lächelnd um die Kurve fahren, denkt sich Cori …
Downhill-Mountainbiken im Montafon
Downhill-Kurven-Eldorado am späten Nachmittag

Downhill Mountainbiken in Vorarlberg

Aber die Strecke ist zum Glück doch so lange, dass wir Zeit haben, das Tempo langsam zu steigern, so wie wir uns wohlfühlen. Trotzdem sind wir dann froh, als wir endlich wieder die asphaltierte Straße erreichen. Müde, aber sehr zufrieden stellen wir eine Minute vor 18 Uhr unsere Räder ab. Nach einer erfrischenden Dusche im Hotel haben wir uns das Abendessen nun wirklich verdient!

Alte Talstation in Gaschurn
Das Lokal „Alte Talstation“ in Gaschurn – fotografiert am nächsten Tag, bei besserem Licht.

In der „Alten Talstation“ in Gaschurn lassen wir uns sowohl Gegrilltes als auch die typischen Vorarlberger Polmanudla, die aus einem Teig aus Surakas, Ei und Mehl gebacken werden schmecken. Die gibts sowohl als süßes als auch als pikantes Gericht und sollten definitiv auf jeder Montafon-To-Do-Liste stehen.

Polmanudla in der Alten Talstation
Polmanudla mit Salatgarnitur … mhhh

Auch die umfangreiche Getränkekarte und die Dessertauswahl des modern eingerichteten Lokals kann sich sehen lass. Wer also unterwegs zur Silvretta-Hochalpenstraße ist, sollte hier definitiv einen „Boxenstopp“ einlegen.

Zusammengefasst bleibt uns nur zu sagen: wer gerne sportlich in den Bergen unterwegs ist, die Landschaft und Aussicht genießt und gut isst, der kann mit der Bike and Hike Tour zur Tilisunahütte nichts falsch machen. Sowohl für Anfänger als auch für Fortgeschrittene ist die Tour geeignet. Der Tag war trotz der Anstrengung total entspannt, humorvoll und informativ, was wir vor allem Markus zu verdanken haben, der unsere Gruppe wie ein Hirtenhund zusammengehalten und für jede Situation eine Lösung gefunden hat.

Bike & Hike Tour in Vorarlberg

Nachdem diese Tour nicht die einzige ist, die man in der Gegend machen kann … mmmmh! Da müssen wir wohl wieder kommen!

Unsere Unterkunft hatten wir im Explorer Hotel in Gaschurn, das als Basislager für Aktivreisende in der Region perfekt gelegen ist und genau das, was man für einen erholsamen Aktivurlaub braucht, zu einem günstigen Preis bietet. Näheres dazu liest du in unserem Blogbeitrag „Aktiv- und Genussurlaub im Montafon“.

Vielen Dank an das Explorer Hotel für die Einladung, sowie den Tourismusverband Montafon und die Silvretta Montafon Bergbahnen für die weitere Unterstützung und persönliche Begleitung bei dieser Reise. Unsere Meinung bleibt wie immer unsere eigene!

Corinna Donnerer

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