Seit 2011 ist Graz Teil des „Creative Cities“ Netzwerk der UNESCO. Neben weltweit nur knapp ein Dutzend weiterer, als zukunftsorientiert geltender Städte wie Berlin, Buenos Aires oder Helsinki, darf man sich offiziell „City of Design“ nennen. Ein Titel, der schön klingt, aber auch als Aufgabe, anstatt bloß als Auszeichnung mit Schulterklopfer, verstanden wird. Zumindest für die Grazer Kreativszene, deren Vertreter wir auf einer Stadtführung durch die steirische Landeshauptstadt kennenlernen.
Gemeinsam mit Melanie und Jürgen von Lifetravellerz, Maria von Kofferpacken, Elena alias Creativelena, Reisebloggerin Gudrun, Franz alias Reisedoktor und Angelika von Wiederunterwegs erkunden wir auf Einladung von Graz Tourismus die kreativen Viertel und Ecken der Stadt, die zudem auch noch den Titel GenussHauptstadt trägt. Aber das ist ein anderes Kapitel, zu dem ich noch in einem eigenen Beitrag komme.
Grazer Hauptplatz: Treffpunkt unter der Weikhard-Uhr!
Wir starten unsere Tour mit Graz Guide Angela am Hauptplatz, der direkt am Beginn der Herrengasse, einer belebten Einkaufsstraße, liegt. Mitten am Platz steht eine Statue von Erzherzog Johann, dem großen „Modernisierer“ und Förderer der Steiermark. Er ist dem Wahrzeichen der Stadt zugewendet, dem Grazer Uhrturm am Schlossberg. Oder zumindest könnte er ihn aus den Augenwinkeln sehen, denn eigentlich schaut Erzherzog Johann ja auf die Menschen am Hauptplatz unter ihm. Gegenüber befindet sich ein Juwelier mit der gleichnamigen Weikhard-Uhr vor dem Geschäft. „Wenn man sich in Graz verabredet, dann ist die Weikhard-Uhr der Treffpunkt schlecht hin!“, weiß Angela – und zückt ein Buch aus ihrer Tasche.
„Graz ist herrlich“ heißt eine Geschichte von Rainer P. Gruber, die uns Angela aus „Graz von innen“ einfach vorlesen muss, damit wir als Außenstehende einen Eindruck davon bekommen, wie die Grazer so über ihre eigene Stadt denken – und brachte uns zum Schmunzeln. Wer sich literarisch mit der Steiermark befasst, kommt an Herrn Gruber ohnehin nicht vorbei. So kam es, dass mir Cori schon vor einiger weil mal sein Werk „Aus dem Leben Hödlmosers“ schenkte, einem recht sarkastischen Anti-Heimatroman aus den 70ern, den man „als Steirer einfach gelesen haben muss“.
Nun aber genug der (alten) Geschichten und so geht’s mit der gratis Altstadt Bim auf zum Kaiser-Josef-Platz, wo sich rund um den beliebten Bauernmarkt auch noch einige Vertreter der Grazer Kreativ- & Designszene mit ihren Geschäften niedergelassen haben.
Tash Living – Concept Store. Studio. Cafe.
So auch Natascha Afanas, die in der Glacisstraße 65 im April „Tash Living“ eröffnete, eine Mischung aus Designer-Laden als Concept Store und Café.
„Lebe deine Vielfalt“, so das überaus passende Motto der Quereinsteigerin, die ursprünglich als Chemielabortechnikerin arbeitete und später Architektur studierte. Mit viel Liebe zum Detail setzte sie diese Motto in ihrem Laden „Tash Living“ um, in dem ich mich bei einer Tasse Cappuccino zwischen Designer-Einzelteilen, Mode, Accessoires und sogar Möbeln umsehe – und schließlich fündig werde: Ein kleiner Globus aus Holz, sowie ein Bottle Light, wandern neben „Eat Hike Love“, einem Steiermark Reiseführer der anderen Art, in meinen Rucksack.
koko mari: feinste Stoffe von Marimekko
Bei „koko mari“ gibt es feinste Stoffe von Marimekko. Der Laden schräg gegenüber vom Kaiser-Josef-Platz, in der Mandellstraße 1, fungiert auch gleichzeitig als Concept Store für die finnische Designer-Marke und ist spezialisiert auf eine große Auswahl an Stoffen. Daneben gibt es aber auch noch andere edle Stücke, unter anderem von der Marke fatboy, die für ihre großen Sitzsäcke bekannt.
Brillen-Q-uartier
Das Brillen-Q-uartier in der Hans-Sachs-Gasse, Ecke Schlossergasse lässt sich immer wieder etwas Besonderes einfallen, um neue Kunden zu gewinnen und für ihre exklusive Auswahl an Designer-Brillen zu begeistern: So gab es den Sommer über eine Aktion, bei der man sich montags und dienstags auf einen von zwei Stühlen ins Schaufenster setzen konnte und für jede Stunde, die man dort verbracht hat, 10% Rabatt auf Brillen von andy wolf bekam.
Und was war? Die Stühle waren so gut wie immer besetzt!
Das zieht dann wiederum auch Passanten vor dem Schaufenster in den Laden, der sich auch von innen sehen lassen kann: Highlights sind der umgebaute Seefrachtcontainer, der als Messstation dient, sowie per Handkurbel drehbaren Regalbretter.
Wohndesign by MuR
„Die große Welt der Designklassiker in der kleinen Gasse“ – so ließe sich der Laden von Leonore Höfner in der Enge Gasse 3 beschreiben. Und dabei wäre das nur die halbe Wahrheit, denn auch (noch) „no names“ unter den Designern finden hier ihren Platz. Leonore Höfner, selbst auch Quereinsteigerin, gibt damit Nachwuchsdesignern mit dem „MuR“ ebenso eine Präsentationsplattform. Und das schon seit immerhin 13 Jahren.
Design im Lend: Tagwerk & Zerum
Auch auf der anderen Seite der Mur gibt es zahlreiche kreative Ecken und Designer-Läden, insbesondere rund um das auffällige Kunsthaus, das von außen wie ein Alienraumschiff aussieht – sogar seine Erbauer nennen es „Friendly Alien“.
In der Mariahilfer Straße 13 im sogenannten Lend-Viertel befindet sich auch das „tag.werk“, ein Laden für Designbegeisterte und zugleich ein erfolgreiches Jugendbeschäftigungsprojekt der Caritas. Jugendliche, die zum Teil erschwerten Zugang zum Arbeitsmarkt haben, stellen hier individuelle Taschen und Kleider aus recycelten Materialien her.
An derselben Adresse nur eine Tür weiter gibt es mit dem „Zerum“ einen weiteren Laden, der einen Besuch lohnt. Wer auf kreativ bedruckte T-Shirts steht, noch dazu in Fairtrade-Qualität, ist hier richtig.
Kunst & Design im öffentlichen Raum
Natürlich findet in Graz Kunst und Design auch im öffentlichen Raum statt. Neben Kunsthaus und Murinsel, die beide rund um das Kunsthauptstadtjahr 2003 errichtet bzw. fertiggestellt worden sind, nimmt sich das „Lichtschwert“ architektonisch mittlerweile schon fast zurückhaltend heraus. Und das, obwohl die an die Freiheitsstatue erinnernde Stahlkonstruktion von Hartmut Skerbisch sogar die benachbarte Oper überragt. Gedacht als temporäre Kunstinstallation anlässlich des steirischen Herbst 1992 „sticht“ das Lichtschwert auch 23 Jahre danach noch in den Grazer Himmel.
Hier perfekt von Franz mit der Kamera eingefangen:
Dass die Steirer Humor besitzen, beweist auch der Grazer „Stadtkern“, der seit 2012 den geografischen Mittelpunkt der Landeshauptstadt markiert. Die an einen Pfirsichkern erinnernde Bronzeskultpur befindet sich im zweiten Hof der Grazer Burg.
Ein Schneemann im Sommer? Ja, auch das gibt es in Graz! Dieser Zeitgenosse (aus Marmor) blickt traurig auf eine Pfütze vor ihm. Ob ihm wohl seine Schneefrau dahingeschmolzen ist? Zu finden im Innenhof des Priesterseminars.
Apropos Innenhof: Da viele von ihnen öffentlich zugänglich sind, lohnt sich immer wieder ein kleiner Abstecher in einen der Innenhöfe. Mal aufgrund des Baustils der ihn umgebenden Gebäude, mal einfach aufgrund der kreativ (um-)gestalteten Alltagsgegenstände, wie hier bei der Stadtpfarrkirche zum Hl. Blut.
Stilsicher zu Bett im Hotel Wiesler und Weitzer
Alles andere als bieder geht es im Hotel Wiesler am Grieskai zu. Florian Weitzer, der Eigentümer des ehemals letzten verbliebenen Fünf-Stern-Hotels der Stadt, legte diese ab, um 2010 mit einem völlig neuen Konzept durchzustarten. Hier trifft schäbiger Schick auf Jugendstil, internationales Understatement auf heimische Riminiszenz an eine prägende Kunstepoche.
Im Erker-Zimmer mit Drehstuhl liegt ein Fernglas bereit, um auf die andere Seite der Mur und hinauf zum Schlossberg zu spechteln.
Chesterfieldmöbel und Glasziegelblöcke im Badezimmer erinnern an die 60er Jahre. Termine beim hoteleigenen Barbier, Freistehende Badewannen und wahlweise Kofferschränke oder Globus als Minibar? Auch das gibt es im Hotel Wiesler. Das schätzt auch Arnold Schwarzenegger, der bei seinen gelegentlichen Heimatbesuchen hier nächtigt.
Uns Reisebloggern blieb diesmal zwar „nur“ der Seminarraum für unsere Besprechung (genächtigt wurde im benachbarten Hotel Weitzer!), dennoch konnten wir uns einen guten Überblick über die gelungene Umsetzung des Hotelkonzepts machen.
Das 3. Österreichische Reiseblogger-Treffen wurde von Graz Tourismus und Steiermark Tourismus unterstützt. Vielen Dank für die Einladungen auch an Weitzer Hotels! Meine Meinung bleibt wie immer meine eigene.
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Hach, so schön die Erinnerungen an das Wochenende. Und den Hödlmoser, den hab ich auch zu Hause rumliegen, der wird wieder hervorgekramt und gelesen…