Es grenzt wohl ein bisschen an Verrücktheit, sich direkt nach einer dreiwöchigen Afrikareise spontan mit Freunden für ein Wochenende in San Marino zu verabreden und sich dafür gleich zwei Mal eine siebenstündige Autofahrt anzutun. Mein Hinterteil war jedenfalls nicht so begeistert. Aber was soll’s, die „Man lebt nur einmal!“ Mentalität hat gesiegt. Außerdem kann ich jetzt im nachhinein sagen: San Marino ist die 14 Stunden im Auto wert. Denn mit 61 Quadratkilometern ist die kleinste Republik der Welt gerade groß genug, um an einem Wochenende ausgiebig erkundet zu werden.

Ausblick San Marino Richtung Mittelmeer
Eine ganze Republik liegt uns zu Füßen …

Der Plan war, uns am Samstag für den Monte Titano mit der Altstadt San Marinos und den Festungstürmen Zeit zu nehmen. Am Sonntag würden wir dafür auf dem Rückweg nach Österreich nicht mehr über die italienische Autostrada zu fahren. Stattdessen geht es über Rimini am Meer entlang bis zur Lagune von Venedig und mit einem Zwischenstopp im schönen Chioggia Richtung Heimat.

Hinfahrt nach San Marino

Wir brechen Freitags am frühen Nachmittag von der Steiermark aus auf. Von meinem Vater können wir einen Minivan ausleihen, in dem wir zu fünft samt Gepäck und jeder Menge Essen gut Platz finden. Österreich zieht an uns vorbei, bald geht es auf die italienische Autobahn und wir sind reif für unseren ersten Kuchen-Boxenstopp. Einer unserer mitreisenden Freunde ist nämlich begeisterter Hobby-Kuchenbäcker 🙂

Auch wenn heute das Schlafen im Auto absolut nicht funktionieren will, sich die Strecke doch ganz schön zieht und wir am Ende jeden noch so kleinen Hügel in der Ferne für den Monte Titano halten – irgendwann sind wir dann doch da! Angekommen in der kleinsten und zugleich ältesten Republik der Welt, die bis auf das Jahr 301 n. Chr. mit der Gründung durch den heiligen Marinus zurückgeht.

Die Einreise ist denkbar unspektakulär über eine schmale Straße, die unter einem Schriftzug „San Marino“ hindurchführt, Grenzkontrollen gibt es nicht. San Marino ist übrigens kein Stadtstaat, sondern besteht aus mehreren Orten, wobei in der gleichnamigen Stadt San Marino nur etwa 4.000 der insgesamt rund 33.000 Einwohner leben.

Wir schlängeln uns den Berg hinauf, bis wir bei unserer Unterkunft im „Hostel San Marino“ in Borgo Maggiore ankommen. Hier können wir auch direkt vor dem dazugehörigen Restaurant parken und schon mal die Lichter auf dem höherliegenden Monte Titano beobachten, auf dem sich die drei Festungenstürme La Guaita, Cesta und Il Montale sowie die Altstadt von San Marino befinden.

Hostel San Marino

San Marino ohne Auto

Maurizio, der Hostelbesitzer freut sich am nächsten Tag beim Frühstück über unser mitgebrachtes Kuchenstück. Seine eigene Auswahl ist eher dürftig. Im Gegenzug versorgt er uns mit Busplänen und Tipps für unseren Tag in der Altstadt. Diese ist nämlich weitestgehend autofrei und die Parkplätze rund herum kostenpflichtig. Wenig später wissen wir, dass wir den Monte Titano auch zu Fuß „besteigen“ könnten, aber uns das doch nicht antun wollen. Grund dafür war die unerwartet kurze Nacht, nachdem wir nur mal „schnell“ das Pub im Keller des Hostels besuchen wollten. Und nicht vor 2 Uhr morgens wieder in unser Zimmer zurückkehren sollten.

Mit der Bushaltestelle direkt vor dem Hostel und einem Ticketpreis von gerade mal 1,50 Euro fällt die Entscheidung auch leicht. Eine weitere Alternative wäre es, mit der Seilbahn Funivia di San Marino von Borgo Maggiore am Fuß des Berges auf den Monte Titano zu fahren, ein fantastischer Ausblick inklusive (2,80 Euro / Fahrt). Leider war sie bei unserem Besuch gerade wegen Wartungsarbeiten außer Betrieb.

Ausblick San Marino

Der Flughafen Rimini liegt zwar in Italien, ist aber gleichzeitig auch der internationale Flughafen von San Marino mit Anbindungen zu verschiedenen Städten in Deutschland und der Schweiz. Von Rimini fahren zudem Busse in die Republik San Marino.

Wehrhaftes San Marino

Bevor wir losziehen, wollen wir von Maurizio aber gerne noch mehr über das Land wissen, in dem wir uns gerade befinden. Schließlich sind wir recht spontan für ein Wochenende nach San Marino gefahren, das uns zuvor wie ein „weißer Fleck“ auf der Landkarte Europas erschien. „Die San Marinesen sind sehr freiheitsliebend“, meint Maurizio. Und ergänzt: „Wir lieben Waffen!“ Davon können wir uns wenig später selbst überzeugen: In zahlreichen Geschäften und Souvenirständen gibt es alle möglichen Waffen zu kaufen, als Spielzeug aber auch echte Pistolen, Messer und Schwerter.

Zu tun hat das freilich mit der Geschichte der besonders wehrhaften Republik, die sich nun schon über viele Jahrhunderte die Unabhängigkeit von Italien erhalten konnte. Sehr zum Missfallen des Papstes, der die San Marinesen im Mittelalter pauschal exkommunizierte. Selbst Napoleon zollte San Marino für diese Haltung seinen Respekt und machte der Republik Geschenke und Zusagen, anstatt sie zu überfallen. Auch heute noch wissen die San Marinesen gewisse Vorteile für sich heraus zu holen, so ist man beispielsweise zwar kein Mitglied der EU, bezahlt hier aber dennoch mit (eigenen) Euro-Münzen sein „Titanbräu“, das lokale Bier San Marinos. Es gilt die Reisefreiheit, aber keine Niederlassungsfreiheit. Als Touristen dürfen wir uns theoretisch 10 Tage lang in San Marino aufhalten. Wer dauerhaft in San Marino leben möchte, braucht eine Genehmigung des Kongresses.

Freiheitsliebe mal anders interpretiert …

„Wir haben zwar zwei Millionen Besucher im Jahr, aber nur vergleichsweise wenige, die auch über Nacht bleiben. Die meisten kommen für einen Tagesausflug„, erklärt Maurizio. Und ja, wir waren an diesem Wochenende Anfang Frühling auch (fast) die einzigen Gäste in seinem Hostel. Im Sommer kommen viele Touristen vom nahen Rimini, für die San Marino eine willkommene Abwechslung zum Strandurlaub an der Adria ist.

Rundgang in der Altstadt von San Marino

Der Bus aus Rimini ist es auch, der uns von Borgo Maggiore am Fuß des Monte Titano hinauf in die Altstadt San Marinos bringt. Noch ein kurzes Stück bergauf über eine Stiege, durch ein Tor und schon sind wir da. Charmant präsentiert sie sich, mit schönen alten Häusern mit orangefarbenen Ziegeldächern und Pflasterstraßen, die sich bis zur Festung emporwinden. Je höher wir steigen, desto mehr sehen wir von den umliegenden Hügeln, den malerischen Häusern und sogar Rimini und dem Meer.

San Marino Ausblick auf die Landschaft

Dank dem sonnigen Wetter sind auch heute viele Touristen unterwegs. Vor allem die Altstadt hat sich gut auf die Besucher eingestellt. Es gibt zahlreiche Cafés, Souvenirgeschäfte und Läden in denen man kostengünstig Briefmarken oder Sondermünzen als Sammlerstücke erwerben kann. Selbst an normalen Souvenirständen gibt es häufig das komplette Euromünzenset von San Marino. Und natürlich ganz viele Waffen, was wir eher abschreckend finden.

Waffen als Souvenir aus San Marino

Interessierte können zahlreichen Museen einen Besuch abstatten, vom Wachs- über ein Foltermuseum bis zum Museum alter Waffen. Wo wir wieder bei der Freiheitsliebe und den scheinbar nötigen „Accessoires“ wären, um diese zu verteidigen. Tja, wie sie meinen, die San Marinesen …

Es sollte nicht der einzige schräge Moment in San Marino bleiben. Aber sieh selbst!





Wir genießen den Sonnenschein im Freien und schlendern gemütlich zu den wunderschönen alten Gebäuden des Palazzo Pubblico und der Basilica di San Marino. Wenn du deine Reise gerne mit Events verknüpfst und außerdem ein großer Mittelalter-Fan bist, dann ist das dreitägige Mittelalter Festival Ende Juli der beste Reisezeitpunkt für dich!

Palazzo Pubblico

Noch ein Tipp: Wenn du deinen Pass mit in die Altstadt genommen hast, dann schau auf jeden Fall bei der Touristeninformation vorbei und lass dir einen Passstempel plus Marke geben. Das kostet fünf Euro, aber erfreut das Reiseherz ungemein 🙂

Bevor es schließlich zu den Festungstürmen geht, muss noch ein Kaffee getrunken und ein Piadina, ein gefülltes Fladenbrot, gegessen werden. Idealerweise bei schönem Ausblick, aber da gibt es genügend Auswahl bei den Cafés und Restaurants. Wir können die Piadineria „La Capanna“ empfehlen, die eine große Auswahl an gefüllten Fladenbroten bietet, in der Via Salita alla Rocca, direkt an einer abfallenden Felswand mit Blick Richtung Adriaküste gelegen.

La Capanna San Marino


La Capanna Piadineria

Festungstürme am Monte Titano

Wir steigen die Festungsmauern hoch zum Torre Guaita, dem ältesten und gleichzeitig größten Turm der Burganlage. Ganz oben im Turm befindet sich eine Glocke, die im Mittelalter vor anrückenden Feinden warnte. Auch heute ist sie noch im Betrieb. Ihr Läuten kündigt nämlich Parlamentssitzungen an. Ob davon auch eine Gefahr für das Volk ausgehen mag? Wir hoffen es nicht 😉 Bis in die 1960er Jahre wurde die Festung jedenfalls noch als Gefängnis genutzt.

Torre Guaita am Monte Titano in San Marino

Der zweite Turm Cesta steht am höchsten Punkt des Monte Titano, auf knapp 750 Meter über dem (nahen) Meer. Von hier hielt der Wächter nach Feinden Ausschau, im Notfall unterstützt von einer Garnison Bogenschützen. In deren Aufenthaltsräumen im Inneren der Turmmauern befindet sich heute eine – richtig – weitere Waffenausstellung, mit Rüstungen, Schwertern, Schildern und Schusswaffen.

Wir wandern über die weitläufige Festungsanlage weiter zum dritten Turm Montale, der bis zum 13. Jahrhundert ein isolierter Außenposten war. Erst danach wurde er mit den übrigen Festungstürmen verbunden. Da er aber nie wirklich von großer Bedeutung war, fungierten seine Mauern und Zustiegswege schon bald als offener Steinbruch, an dem sich die San Marinesen „bedienten“ um die Häuser der Altstadt aufzubauen. Von hier aus haben wir einen tollen Blick auf die noch schneebedeckten Berggipfel des Apennins auf der einen und auf das Mittelmeer auf der anderen Seite.

Torre Montale

Bald wird es dunkel und wir machen uns auf den Rückweg nach Borgo Maggiore, diesmal zu Fuß. Es ist gar nicht so leicht, bei den vielen verschlungenen Straßen, die richtige zu finden. Vorsicht: nicht alle haben einen Gehsteig und manche Autofahrer sind hier recht flott unterwegs. Den Abend lassen wir schließlich wieder im Pub ausklingen und stoßen auf einen gelungenen, interessanten Tag in San Marino mit vielen Eindrücken und noch mehr Ausblicken an.

San Marino bei Nacht
San Marino bei Nacht …

Zwischenstopp in Chioggia

Auf der Heimreise nach Österreich befolgen wir Maurizios Rat und nehmen statt der (teuren) Autostrada lieber die Küstenstraße, die über Rimini auch an bekannte Badeorte wie Cesenatico und durch das Po-Delta führt.

Cesenatico im Frühling
Kurzbesuch am Meer …

Während Cesenatico Mitte März noch wie ausgestorben ist, geht es rund um die Lagune von Venedig umso lebhafter zu. Bevor wir aber vor der Autobahnauffahrt in den Stau geraten, legen wir noch einen Zwischenstopp in Chioggia ein. Die Stadt am Südufer der Lagune wird wegen ihrer Ähnlichkeit oft auch Klein-Venedig genannt.

Chioggia

Auch sie wurde größtenteils auf Holzpfählen errichtet und ist über eine Steinbrücke mit dem Festland verbunden. Der Vena-Kanal teilt die Kleinstadt zusätzlich zwei Hälften, die über neun Brücken miteinander verbunden sind. Die Altstadt ist ebenfalls fast vollständig autofrei, so dass wir weit außerhalb parken müssen. Nach einem späten Mittagessen in einer Pizzeria spazieren wir über einige der Brücken, an einem Flohmarkt vorbei bis zum nördlich gelegenen Hafen. Von hier sind es noch 25 Kilometer Luftlinie bis nach Venedig, wobei die Lagunenstadt nur mit viel Fantasie am Horizont zu erkennen ist.


Chioggia Hafen

Warst du ebenfalls schon San Marino oder in Chioggia? Welchen Eindruck hast du von der wehrhaften Republik bzw. Klein-Venedig gewonnen?

Corinna Donnerer

14 Kommentare

  1. San Marino war bisher wirklich nur ein weißer Fleck auf meiner Landkarte. Euer Besuch dort hat mir die Stadt etwas näher gebracht und ich denke, sie ist eine Reise wert.
    Viele Grüsse, Susanne

  2. Schöner Artikel! Für ein Wochenende habt ihr ja echt viel erlebt.
    San Marino steht auf unserer Wunschliste. Jetzt noch ein Stückchen weiter oben. 😉

    Viele Grüße,
    Lena

  3. San Marino hat mir auch sehr gut gefallen. Ich habe von Rimini aus einen Tagesausflug gemacht. Traumhafter Blick in alle Richtungen und schöne, verschlungene Gässchen. Ich würde sagen, wir haben das gleiche, traumhafte Wetter erwischt. Touristinfo-Stempel und Marke habe ich allerdings keine im Pass, ich reise in Europa immer mit Personalausweis.

    • Echt? Ich kenn kaum jemanden, der in Österreich einen Personalausweis hat, dachte in Deutschland wäre der verbreiteter. Ich habe jedenfalls noch nie einen besessen, als Reisedokument reicht mir mein Pass und für alles andere tut es auch der Führerschein, wenn ein amtliches Ausweisdokument gefragt ist 🙂

      • In der Grenzregion ist er sehr praktisch, wäre sonst die halbe Zeit „illegal“ in Deutschland unterwegs, weil der Pass in der Schreibtischlade liegt oder in der falschen Tasche ist. Der Personalausweis ist immer im Geldbörsl und ich muss bei Reisen innerhalb Europas, oder einfach schnell mal nach Freilassing, nicht mehr drüber nachdenken, ob ich einen Ausweis mithabe.

        • Macht Sinn! Wir haben es zwar auch nur 20-30 Minuten nach Slowenien und Ungarn, aber ganz so oft sind wir dann doch nicht drüben. Pass liegt dafür aber immer griffbereit.

  4. Wir waren letzte Woche dort. Einerseits schwer beeindruckt von den alten Gemäuern. Andererseits schwer enttäuscht von der Atmosphäre in den alten Gassen. Das hatte was von einer Duty-Free-Shop Meile am Flughafen. Obwohl wir abends dort waren, sahen wir niemanden in den Restaurants. Es war seltsam ausgestorben fast schon freudlos. Insofern waren wir nicht ganz so begeistert.

  5. Was im Bericht steht ist falsch. In San Marino kann man keine echten Waffen einfach so kaufen.
    Dafür braucht man eine italienische Lizenz oder eine Lizenz aus San Marino. Alle angebotenen Waffen sind Softair, Deko, Spielzeuge oder Co2 Waffen aber eben keine echten Waffen. Das Waffengesetz ist den anderen europäischen Staaten angeglichen denn oben genannte Waffen können Sie in den meisten europäische Staaten ebenfalls frei ab 18 kaufen.

  6. Danke für den Hinweis, James! Allerdings haben wir im Artikel lediglich geschrieben, dass man in „zahlreichen Geschäften“ (nebst den Spielzeugwaffen in Souvenirläden) auch echte Waffen kaufen kann. Dass es „einfach so“ möglich wäre, davon sind wir nicht ausgegangen. Tut uns leid, wenn das missverständlich angekommen ist.

  7. Hallo, ich mach mich von Wien aus auf den Weg per Flug u. Bus nach San Marino. Euer Bericht hat mir schon interessante Einblicke gegeben – also ein spannendes Reiseziel! Lg Sissi

  8. San Marino ist ein tolles Erlebnis. Wir hatten im April leider eine Regenwoche erwischt, aber das machte die Republik irgendwie noch mystischer als sie schon ist.
    Auch das nahe Rimini ist eine Reise wert. Toller Sandstrand!

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