Der Geirangerfjord ist sicherlich der bekannteste Fjord Norwegens und das zu Recht: Seit 2005 zählt er gemeinsam mit dem Nærøyfjord aufgrund seiner einzigartigen Naturvielfalt zum UNESCO-Weltnaturerbe. Charakteristisch sind seine außergewöhnlich steilen Felswände, die bis zu 1000 Meter hoch von der Wasseroberfläche aufragen und für verrenkte Hälse auf den Ausflugsschiffen sorgen: Flüsse schürften hier einst tiefe Kerbtäler, die sich, verbreitert durch die Gletschermassen, gegen Ende der letzten Eiszeit schließlich mit Meerwasser füllten und weit in das Landesinnere hineinreichen. Der namensgebende Ort Geiranger liegt etwa 100 Kilometer von der Küstenlinie entfernt und ist bekannt für die Kreuzfahrttouristen, die hier in den Sommermonaten „einfallen“.

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In diesem Beitrag nehmen wir dich mit auf den wohl entspanntesten Teil unseres Roadtrips durch Südnorwegen und verraten dir, wie man auch mit dem Auto nichts von der Schönheit des Geirangerfjords verpasst.

Anreise und Unterkunft

Ausgangspunkt unserer Fahrt durch den Geirangerfjord ist die Ortschaft Hellesylt, die wir aus dem Süden kommend über die E39 und Rv 60 erreichen. Übrigens nicht ohne einem „Umweg“ zum beschaulichen Örtchen Flo am Oppstrynsvatnet mit obligatorischem Ortsschild-Foto – wenn ich schon mal in der Gegend bin 😉

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In Hellesylt übernachten wir am Vortag unserer Weiterfahrt in einer einfachen Containerunterkunft, die wohl hauptsächlich von Bauarbeitern genutzt wird und mit 850 NOK/Nacht (ca. 90 Euro) noch als halbwegs „preiswert“ durchgeht. In Geiranger selbst sind die Nächtigungsmöglichkeiten nämlich auf wenige hochpreisige Hotels und Campingplätze limitiert.

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Alternativ ist die Anreise auch mit Flugzeug nach Ålesund und Weiterfahrt mit dem Mietwagen (100 Kilometer) möglich. Der nächstgrößere Flughafen liegt in Bergen (ca. 360 Kilometer). Am beliebtesten ist aber, wie schon erwähnt, die Fahrt mit dem Kreuzfahrtschiff oder Postschiff der Hurtigruten.

Mit der Fähre von Hellesylt nach Geiranger

Vom kleinen Balkon unseres Baucontainers haben wir bereits einen herrlichen Blick auf den Sunnylvsfjord, der direkt in den Geirangerfjord übergeht, sowie den kleinen Fähranlegeplatz.

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In der Nebensaison verkehrt die Touristenfähre übrigens nur vier Mal pro Tag (zwischen 9.30 und 18.30 Uhr), daher solltet du deine Route und Fahrtzeit genau planen (Preise und Abfahrten 2016). Aber auch in der Hauptsaison mit acht Fahrten pro Tag (von Juni bis August) ist es besser, im voraus zu reservieren. Wir haben Glück und teilen uns am ersten Tag der Sommersaison die 9.30er-Fähre nur gemeinsam mit einem österreichischen Reisebus und einem anderen Mietwagen, besetzt mit lauter Südkoreanern.

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Das Wetter könnte an diesem Tag zwar besser sein, aber für norwegische Verhältnisse auch deutlicher schlechter: Der leichte Nebel verzieht sich allmählich und gibt immer mehr von den gewaltigen Felswänden entlang der Fjordlandschaft Preis. Die Fahrt von Hellesylt nach Geiranger dauert knapp 1,5 Stunden, die wir bei stärker werdendem Wind am Außendeck der Fähren verbringen. Wir pendeln permanent zwischen linken zur rechten Reling und kommen ob der beeindruckenden Landschaft und der Wasserfälle aus dem Staunen (und Fotos machen) kaum noch heraus.

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Zu den berühmtesten Wasserfällen gehören die „Sieben Schwestern“, von denen je nach Wasserstand und Wetter unterschiedlich viele zu sehen sind.

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Kurz vor Geiranger tauchen auch die ersten Ozeankreuzer und kleinere Beiboote auf, die gerade zu Wasser gelassen werden. Nein, nicht aufgrund einer „Evakuierung“ (auch wenn es so wirkt), sondern um die Touristen noch näher ran an die Wasserfälle und schließlich an den Anleger in Geiranger zu bringen. Die großen Schiffe müssen weiter draußen vor Anker bleiben.

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Tipps für Geiranger

In Geiranger entdecken wir eine kleine Schokoladenmanufaktur, die sich in einem alten Bootshaus eingemietet hat und auch ein kleines Café betreibt. Geiranger Sjokolade wird somit „fjordnær“ (fjordnah) produziert und dient gleichzeitig als Markenname für die hauptsächlich mit 70%iger Schokolade verarbeiteten Tafeln und Pralinen. Da ich selbst in einer Schokoladenmanufaktur arbeite, komme ich also gar nicht umhin, mich ein bisschen näher umzusehen und zu kosten, was die norwegischen Kollegen so fabrizieren. Wir probieren schließlich Schokolade mit Brown Cheese und Blue Cheese, die beide bei den Academy of Chocolate Awards Preise in Gold und Silber gewinnen konnten. Zugegeben, es schmeckte echt nicht schlecht, wobei der Käsegeschmack vielleicht noch eine Spur intensiver und die Schokolade weniger süß sein dürfte. Als Mitbringsel für meine Kollegin entscheide ich mich für eine „Postkartenschokolade“, die ich allerdings selber zustelle 😉

Ansonsten gleicht der untere Teil des Ortes aber mehr einem Treffpunkt der verschiedenen Touranbieter, die hier „ihre“ Touristengruppen einsammeln und auf diverse mehr oder weniger sportliche Aktivitäten rund um Geiranger verteilen. Recht beliebt dürften Downhill-Fahrradtouren entlang der kurvigen Bergstraße sein, die von Geiranger in Richtung Dalsnibba führt. Dass das durchaus gefährlich sein kann, mussten wir leider live miterleben: Durch den ständigen Blick hinunter auf den Geirangerfjord und die Wasserfälle sind manche Radfahrer leider so abgelenkt, dass sie nicht mehr auf die Straße vor ihnen schauen. So kam es, wie es kommen musste und direkt neben uns knallte ein Tourist einer anderen Frau vor ihm ins Rad. Seine Unaufmerksamkeit musste er mit Schürfwunden bezahlen …

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Für einen Regentag sicherlich ideal, bietet das Norsk Fjordsenter multimediale Eindrücke von der Fjordlandschaft quer durch alle Jahreszeiten. Da am Horizont aber mittlerweile der blaue Himmel durch die graue Wolkendecke durchbricht, zieht es uns nach einem kurzen Besuch im Museumsshop schnell wieder nach draußen …

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Die beste Aussicht auf den Geirangerfjord

Über einen künstlich angelegten Pfad gelangen wir zu einem weiteren Wasserfall, direkt beim Fjordsenter. Wer sich ganz nah heran wagt, muss allerdings damit rechnen, von der Gischt komplett nassgespritzt zu werden. Doch schon mit etwas „Respektabstand“ hat man von hier einen ersten Ausblick auf den Geirangerfjord und die Bootsanlegestelle direkt vor einem.

Einen guten Blick „von der Seite“ auf den Geirangerfjord hat man vom Aussichtspunkt Vesteråsfjellet, auf ca. 225 Höhenmeter. Dazu fahren wir mit dem Auto die Straße Rv 63 hinter dem Fjordsenter weiter rauf und biegen bei einem weiteren Wasserfall scharf nach links ab. Parken könnt ihr übrigens direkt beim Restaurant Vesterås gard. Die beiden Viehzäune am Weg dorthin müsst ihr gegebenenfalls mit der Hand öffnen, dann könnt ihr auch mit dem Auto durch. Da wir das erst beim vorbeigehen bemerken, parkt unser Auto eben schon weiter unten 😉 Vom Restaurant aus geht es 20 Minuten leicht bergab, bis wir schließlich direkt über einem weiteren Kreuzfahrtschiff an der abgezäunten Klippe Vesteråsfjellet stehen.

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Wer höher hinauf will, wählt bei der Abzweigung kurz nach dem Restaurant den Weg in Richtung Løsta (ca. 500 Meter über dem Fjord).

Das typische Postkartenmotiv von Geiranger stammt vom Aussichtspunkt Flydalsjuvet und ist ebenfalls leicht über die 63er Straße erreichbar. Er liegt bereits etwas außerhalb von Geiranger, ganz in der Nähe des Hotell Utsikten. Flydalsjuvet ist sicherlich der beliebteste Aussichtspunkt oberhalb von Geiranger, aber ist er auch der beste?

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Wer noch weiter hinauf will, steigt auf den Gipfel des 1.476 Meter hohen Dalsnibba, auf dem sogar in den Sommermonaten mit Schnee gerechnet werden muss. Leider haben wir diesen Aussichtspunkt aus Zeitgründen nicht selbst getestet, Fotos davon sehen jedoch vielversprechend aus.

photo credit:  Viv Lynch via photopin (license)
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Viv Lynch
via photopin (license)

Weiterreise

Auch wenn wir Geiranger nach wenigen Stunden schon wieder in Richtung Norden verlassen, so wartet mit der Ørneveien (Adlerstraße) noch ein weiteres Highlight auf uns. Wer sich das Foto vom Dalsnibba-Gipfel hier vergrößert, entdeckt rechts vom hintersten Kreuzfahrtschiff eine steile Straße, die sich in elf Haarnadelkurven über den Geirangerfjord hinaufschlängelt. Entgegenkommende Busse werden hier übrigens auf der Kurven-Innenseite „überholt“, wie ich selbst erst gelernt habe 😉

Auf der Weiterfahrt zu unserer vorletzten Übernachtung am Gjerdsetvatnet (in einer Fasshütte – Unterkunftsempfehlung!) ist das aber noch nicht einmal das aufregendste Straßenstück. Die Trollstigen verdienen sich aber definitiv einen eigenen Beitrag, der demnächst folgt 😉

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Mehr über unseren Roadtrip durch Südnorwegen liest du in unserer Reiseplanung, sowie im Artikel über den Preikestolen.

Florian Figl

11 Kommentare

    • Ja, das denk ich mir auch. Wiederum andere finden es umso „interessanter“ (zumindest als Fotomotiv), je mehr Kreuzfahrtschiffe vor Anker liegen, wie ich als Rückmeldung auf eines meiner Fotos erfahren habe. Denn da waren es ja eh „nur“ zwei Schiffe 😉

    • Das mit dem Wetter in Norwegen ist ja immer so eine Sache. Am besten bringt man genügend Zeit mit, um sich selbst auf einem Roadtrip die Tage flexibel einteilen zu können. Unsere Preikestolen-Wanderung haben wir aus diesem Grund einen Tag nach vor verschoben und konnten sie bei strahlendem Sonnenschein genießen. Tags darauf war die Fahrzeit dadurch zwar etwas länger, aber das war mir bei stundenlangem Regenwetter dann auch egal. Auf Kreuzfahrt schaut’s mit der Flexibilität natürlich anders aus, klar 😉

      Bist du eigentlich auch mit der Flam-Bahn gefahren?

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